„Straßenbau-Dinosaurier“ Westumgehung Kümmersbruck

Für die Westumgehung Kümmersbruck ist zwischen Lengenfeld und Theuern in der Nachbarschaft zur Autobahnbrücke eine weitere Brücke über die Vils geplant. Auf Anregung der Grünen fand deshalb im Bereich der geplanten Brücke ein weiterer Ortstermin mit ca. 75 interessierten Anwohnern und Bürgern statt. Zu dem Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern der IG „Leben statt Asphalt“ und betroffenen Anwohnern und Landwirten, war Jürgen Mistol, Grüner Landtagsabgeordneter und Mitglied des Verkehrsausschusses im Bayerischen Landtag mit Grünen Kreisräten aus Amberg-Sulzbach, Grünen Stadträten aus Amberg und mit der Grünen Landtagsdirektkandidatin Simone Maaß gekommen.

Die IG hatte mit Trassierbändern den ungefähren Verlauf der Brücke abgesteckt und mit Ladeschaufeln von zwei Traktoren in etwa die Höhe der geplanten Brücke markiert. Nach Information des Sprechers der IG, Martin Sarnowski, soll diese Brücke ausweislich der Pläne des staatlichen Straßenbauamts Amberg-Sulzbach mit einer Länge von 130,80 m, einer Breite von 11,50 m und einer Höhe von mindesten 4,70 m, sowohl die Gemeindeverbindungsstraße zwischen Lengenfeld und Theuern, als auch die Vils sowie den gegenüberliegenden Wirtschaftsweg überspannen. Sinnbildlich dafür, dass aus Sicht der Interessengemeinschaft dieses Straßenbauprojekt insgesamt in Zeiten des Klimawandels, der Energiekrise und der erheblichen Veränderungen im Arbeitsleben aus der Zeit gefallen ist, verkleidete sich ein IG-Mitglied als „Straßenbau-Dinosaurier“.

Herr Mistol wies in seinem Redebeitrag vor allem auf die grundlegenden Probleme mit dem Stellenwert des öffentlichen Nahverkehrs in Bayern, insbesondere in ländlichen Gegenden, hin. Als Beispiel für eine wesentlich bessere Anbindung ländlicher Bereiche an den öffentlichen Nahverkehr nannte er die Situation in Baden-Württemberg. Seiner Einschätzung nach sei die Planung weiterer Straßen in heutiger Zeit der falsche Weg und würde auch nur einem Teil der Bevölkerung eine Mobilität ermöglichen. All diejenigen Bewohner ländlicher Bereiche, die zu jung oder zu alt zum Autofahren sind, oder aus anderen Gründen kein Auto benutzen können, seien ja in jedem Fall auf einen funktionierenden und angemessen ausgebauten öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Herr Mistol stärkte deshalb dem örtlichen Widerstand gegen dieses Straßenbauprojekt den Rücken und sicherte seine Unterstützung im Verkehrsausschuss zu.

Herr Markus Mahal, selbst Anwohner in Lengenfeld, stellte vor allem die relativ geringe Entlastungswirkung der Umgehungsstraße näher dar. Er verwies auf die Angabe des Verkehrsgutachters Prof. Kurzak, wonach die Westumgehung lediglich eine Entlastungswirkung von ca. 30 % erreichen würde. Bei einer Verkehrszählung durch den Verkehrsgutachter im Juli 1997 ist eine maximale Belastung von 17.300 Kfz/Tag gezählt worden. Bei einer weiteren Verkehrszählung im Juli 2007 hat sich dieser Wert nicht verändert und bei einer durch die Interessengemeinschaft selbst im April 2022 durchgeführten Zählung ist eine Belastung von 17.600 Kfz/Tag erfasst worden. Bei dieser aktuellen Verkehrszählung sei aufgrund einer Baustelle im Butzenweg die tatsächliche Belastung sogar nach oben verfälscht worden. Es stehe aber, entgegen den Behauptungen der Gemeinde Kümmersbruck fest, dass der Verkehr in den letzten 25 Jahren nicht zugenommen hat. Herr Mahal rechnete vor, dass bei der prognostizierten Entlastungswirkung immer noch mehr als 12.000 Fahrzeuge jeden Tag auf der Vilstalstraße durch Kümmersbruck fahren werden. Der Bau der Westumgehung sei schon deshalb unverhältnismäßig.

Es meldete sich auch Frau Susanne Knoll, eine unmittelbare Anwohnerin vom Vilsanger in Lengenfeld, zu Wort und verwies vor allem auf die großen Probleme der Klimakrise und die Herausforderungen zur dringend notwendigen CO2-Einsparung. Dabei hob sie die Verantwortung aller gegenüber den Kinder- und Enkelgenerationen hervor und mahnte größere Anstrengungen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs an. Sie zitierte eine aktuelle Meldung des Bayerischen Verkehrsministers Bernreiter über den derzeitigen Flächenverbrauch von 10,3 ha pro Tag anstelle des von der Bayerischen Staatsregierung vorgegebenen Ziels von 5 ha. Für die Westumgehung würden große Flächen versiegelt und viele Bäume gerodet werden, die jedoch als CO2-Speicher sehr wertvoll wären. Zur Verringerung der Belastung der Anwohner im Bereich der Vilstalstraße regte sie an, moderne und innovative Verkehrsstrategien auch in Kümmersbruck einzusetzen und nannte als Beispiel die Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung, Verbesserung der Ampelschaltung, Verwendung von Flüsterasphalt und Nutzung von Kreisverkehren.

Der Landwirt und Jagdpächter Helmut Graf (Lengenfeld) schilderte seine Probleme mit dem staatlichen Straßenbauamt. Er und die anderen Grundstückseigentümer würden vom Straßenbauamt unter Druck gesetzt und gegeneinander ausgespielt, um eine Verkaufsbereitschaft hinsichtlich der benötigten Grundstücke zu erreichen. Weiter äußerte Herr Graf sein Unverständnis mit der bestehenden Planung wegen der im Bereich der geplanten Trasse verlaufenden Wildwechsel. Zur Vermeidung von Wildunfällen wären dringend Wildschutzzäune erforderlich, die in der Planung aber nicht vorgesehen sind. Die zusätzlichen Kosten würden seiner Einschätzung nach in keinem Verhältnis zu dem möglichen Schaden durch Wildunfälle stehen.

Auch die weiteren spontanen Wortmeldungen und Diskussionsbeiträge zeigten, dass der Widerstand gegen dieses Straßenbauprojekt groß ist und weiterwächst.

Quelle: https://www.mistol.de/26072023